„Bild für die Annalen“

Der SSV Geißelhardt liefert in der 3. Runde des VLW-Pokals dem Regionalligisten einen großen Kampf. Er unterliegt mit 1:3.

Um kurz nach 22 Uhr am Donnerstagabend packen die Ludwigsburger Spieler ihre Sachen und wechseln die Bank. Der vierte Satz steht an. Die Mienen verraten es: Die Ludwigsburger hätten sich diesen gerne erspart. Die Temperatur ist hoch, der Sauerstoffgehalt in der kleinen Steinbühlhalle 2 niedrig. Den rund 70 Zuschauer macht das nichts aus, sie sind begeistert. Gerade eben hat ihr SSV dem zwei Klassen höher spielenden MTV Ludwigsburg einen Satz abgenommen – und das völlig verdient.

„Wir haben uns vor dem Spiel geschworen, dass wir uns nie hängen lassen, egal, wie es steht“, berichtet Kapitän Tobias Bauer nach dem Spiel. Und die Geißelhardter beherzigen das. Kein Ball wird verloren gegeben, bei leichteren Fehlern erfolgt ein sofortiges Aufmuntern. Das alles gehört zu einem Pokalspiel dazu. Das Entscheidende aber ist: Der SSV Geißelhardt spielt auch starken, sehr starken Volleyball. Stefan Krejci, Trainer des MTV Ludwigsburg, meint anerkennend: „Geißelhardt hat das sehr couragiert gemacht. Die waren geil auf den Satzgewinn. Und wie das dann so ist: Wenn sie den ersten Satz haben, sind sie geil auf den zweiten. Wenn sie den auch noch geholt hätten, wären sie geil auf das Match gewesen. Für uns war das mehr als nur eine Pflichtaufgabe.“

Spektakuläre Ballwechsel

SSV-Trainer Michael Kurz hatte seinem Team Angriffsvolleyball verordnet, um den Gegner zu beschäftigen. Das zwei Ligenstufen höher spielende Ludwigsburg versucht, die Begegnung routiniert herunterzuspielen, erhält aber immer wieder starke Gegenwehr. In den ersten beiden Sätzen ist das Spiel bis jeweils zum 14:14 ausgeglichen. Im ersten Satz folgt beim 14:15 aus SSV-Sicht ein großartiger Ballwechsel. Beide Seiten haben mehrfach die Chance auf den Punkt, den letztlich die Gäste machen. Ludwigsburg nutzt eine kleine Schwächephase aus , gewinnt den ersten Durchgang mit 25:19.

Im zweiten Satz scheint es ähnlich zu verlaufen. Nach dem 14:14 steht es schnell 16:20, doch Geißelhardt kommt auf 20:21 wieder heran. Krejci nimmt eine Auszeit. Seine eindringlichen Gesten verraten, dass sein Team es zu locker hat angehen lassen. Der MTV holt sich auch den zweiten satz mit 25:21 – alles scheint seinen normalen Pokalgang zu gehen: Der Außenseiter kämpft, doch der Favorit macht in den wichtigen Momenten die Punkte.

Als Ludwigsburg im folgenden Satz auf 10:5 davonzieht, scheint die Partie gelaufen. Manch Zuschauer glaubt nicht mehr daran, dass der SSV noch etwas ausrichten könnte. Die Anfeuerungsrufe kommen zwar, wirken aber nicht mehr überzeugend. Doch Tobias Bauer weckt sie wieder mit einem erfolgreichen Angriff aus dem Rückraum zum 8:11. Wenig später gelingt Kai Schwab mit einem Heber der 12:12-Ausgleich. Patrick Dahlke hämmert den Ball tzum 17:14 ins Feld. Der Doppelblock steht richtig – 18:14. Die Ludwigsburger Auszeit interessiert die Geißelhardter nicht, sie erhöhen auf 21:14. Krejcis Kiefer scheinen den Kaugummi zu zermalmen. Er weiß in diesem Moment, dass sein Team noch mindestens einen Satz dranhängen muss. Dem SSV gelingt fast alles. Jeder Punkt wird frenetisch bejubelt. Mit 25:18 geht der vierte Satz an den Landesligisten.

MTV zieht das Tempo an

Ludwigsburg stellt um. Viele sind knapp zwei Meter groß, darunter auch Tim Ziegler. Bis zum 11:17 lässt der MTV Ludwigsburg den Gastgebern wenig Gestaltungsraum. Dann folgt das letzte Geißelhardter Aufbäumen bis zum 17:20, ehe Ludwigsburg sich mit 25:20 durchsetzt und damit in die 4. Runde des Pokals einzieht. Die Zuschauer spenden beiden Teams langen, intensiven Beifall.

„So sollten wir auch in der Liga weiter spielen“, meint Trainer Michael Kurz. Zuletzt hatte Geißelhardt zwei Heimspiele mit 0:3 verloren. Zwar waren einige Sätze sehr knapp, die Niederlagen taten dennoch weh. Schließlich will der SSV frühzeitig den Klassenerhalt sichern.

Doch der Liga-Alltag ist nach dem Spiel noch entfernt. Die Akteure beider Mannschaften stellen sich zum gemeinsamen Gruppenbild auf. „Wolfgang Feuchter hat gesagt, dass wir das Bild für unsere Annalen brauchen“, meint Kurz mit einem Lächeln. Der Volleyball-Abteilungsleiter kennt die Historie gut: „Vor 20 oder 25 Jahren haben mal unsere Damen gegen einen Regionalligisten gespielt.“

Die Männer aber noch nie, auch deshalb war es für den SSV Geißelhardt etwas Besonderes. Alle zwölf Spieler des SSV kamen zum Einsatz, was Trainer Kurz sehr wichtig war. Zudem war die Stimmung in der Steinbühlhalle 2 speziell. Die Zuschauer standen teilweise keine drei Meter vom Feld entfernt. Ludwigsburgs Trainer Krejci brachte es auf den Punkt. „Das war Pokalatmosphäre.“

SSV: Tobias Bauer, Patrick Dahlke, Lukas Feuchter, Joachim Greitzke, Ronny Roll, Kai Schwab, Frank Weidner, Fabian Windmüller, Robin Vogel, Dennis Ellinger, Jacob Krauth, Kim Schweizer. Trainer: Michael Kurz.

Hartmut Ruffer |

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